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VR

MEDICUS

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GESUNDHEITSPOLITIK.

Bei der Abgabe von Arzneimitteln haben Apotheken darauf

zu achten, wie der Arzt ein Medikament verordnet. Wird ein

Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verord-

net oder wird vom verordnenden Arzt (durch das Ankreuzen

des Aut-idem-Feldes auf dem Rezept) nicht ausdrücklich ver-

boten, das Arzneimittel durch ein wirkstoffgleiches Präparat

zu ersetzen, sind Apotheken zur Abgabe einer kostengünsti-

geren Alternative verpflichtet. Hierbei gilt Folgendes:

Das Arzneimittel muss mit der Wirkstärke und Packungsgrö-

ße des verordneten Medikaments übereinstimmen.

Das Arzneimittel muss für ein gleiches Anwendungsgebiet

zugelassen sein.

Das Arzneimittel muss die gleiche oder eine austauschbare

Darreichungsform besitzen.

Diese Regelung, auch bekannt als Aut-idem-Regelung (Aut-

idem (lat.) = „oder das Gleiche“), soll zu einer Senkung der Arz-

neimittelausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung

beitragen. Der Austausch wirkstoffgleicher Medikamente

kann für den Patienten jedoch fatale Folgen haben. So traten

bei einigen Patienten klinisch relevante Wirkveränderungen

oder Nebenwirkungen auf, die in Zusammenhang mit sub-

stituierten Arzneimitteln und somit einer Veränderung der

Dosierung oder der Wirkstoffkonzentration standen. Auch

die Ärztegenossenschaft Nord eG ist im Rahmen eines ge-

meinsamen Projekts mit der Barmer GEK zu dem Ergebnis

gekommen, dass gerade bei älteren, chronisch kranken und

multimorbiden Patienten möglichst wenig Medikamente er-

setzt werden sollten, um die Arzneitherapiesicherheit nicht

zu gefährden. Nachdem heftige Kritik am Austausch der Me-

dikamente laut wurde, erhielten der Deutsche Apothekerver-

band und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversi-

cherung die Aufgabe, Auswahlkriterien für Medikamente auf

einer sogenannten Austauschverbotsliste (Aut-idem-Liste)

festzulegen. Zwischen den Verhandlungspartnern konnte

jedoch keine Einigung erzielt werden, weshalb die Bundesre-

gierung im April den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)

mit dieser Aufgabe beauftragte.

Seit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des SGB V

zum 1. April 2014 obliegt dem G-BA somit die Aufgabe, jene

Substitution: G-BA trifft Auswahl für die Aut-idem-Liste

Der gemeinsame Bundesausschuss hat mit der Auswahl der Medikamente für die sog. Aut-idem-Liste

begonnen und im neuen Teil B der Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie bereits acht Medikamente

aufgeführt. Neue Arzneimittel sollen in Kürze folgen. Damit wurde endgültig der Schlussstrich unter die

Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem Spitzenverband der Gesetzlichen

Krankenversicherung gezogen, die sich nicht über die Auswahlkriterien einigen konnten.

Arzneimittel zu bestimmen, die nicht durch ein wirkstoffglei-

ches Arzneimittel substituiert werden dürfen. Diese werden

in die Aut-idem-Liste aufgenommen. Hierbei soll der G-BA

v. a. Medikamente mit einer „geringen therapeutischen Brei-

te“ berücksichtigen. Das sind Arzneimittel, welche bereits auf

kleinste Änderungen bezüglich Dosis oder Konzentration des

Wirkstoffs reagieren und dadurch zu klinisch relevanten Ver-

änderungen in der angestrebten Wirkung oder zu schwer-

wiegenden unerwünschten Wirkungen führen. Es können

aber auch weitere Kriterien vom G-BA festgelegt werden.

Der G-BA hat nun erstmals mit der Auswahl der Medikamen-

te für die Aut-idem-Liste begonnen. Im neuen Teil B der An-

lage VII der Arzneimittel-Richtlinie sind folgende Wirkstoffe

und die dazugehörigen Darreichungsformen aufgeführt:

Herzerkrankungen: Betaacetyldigoxin, Digitoxin und Digo-

xin (Tabletten)

Immunsuppressiva: Tacrolimus (Hartkapseln) und Ciclosporin

(Weichkapseln und Lösung zum Einnehmen)

Schilddrüsenhormon: Levothyroxin-Natrium und Levothyro-

xin Natrium + Kaliumiodid (fixe Kombination – Tabletten)

Antiepileptikum: Phenytoin (Tabletten)

Der Beschluss des G-BAs vom September 2014 wurde vom

Bundesministerium für Gesundheit nicht beanstandet und

tritt somit nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

In Zusammenhang mit dem Auswahlprozess der Arzneimittel

hat der G-BA gleichzeitig die Entscheidungskriterien als Basis

für weitere Beschlüsse festgelegt. In Kürze soll auch die De-

finition der Auswahlkriterien, u. a. für Antikonvulsiva, Opioi-

danalgetika mit verzögerter Wirkstofffreisetzung, Inhalativa

zur Behandlung von Asthma und COPD sowie Dermatika zur

Behandlung von Psoriasis, folgen. Auch wenn die Aut-idem-

Liste noch relativ kurz ist, so ergeben sich für die Ärzte, denen

letztendlich die Verantwortung für die Arzneimitteltherapie

obliegt, zumindest bezüglich der aufgeführten Medikamen-

te einige Erleichterungen. So dürften entsprechende Nach-

fragen von Patienten und Apothekern entfallen. Gleichzeitig

sinkt das Risiko, bei der KV gegebenenfalls wegen zu hoher

Aut-idem-Quoten auffällig zu werden.