VR
MEDICUS
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Schnittstellenmanagement für die unterschiedlichen Daten-
systeme und gegebenenfalls auch die zugehörigen mobilen
Geräte zu etablieren. Da mithilfe der Apps Patientendaten
und Informationen ortsunabhängig und rund um die Uhr
erfasst und versendet werden können, ist ferner der Aufbau
einer entsprechenden Infrastruktur auf Seiten der medizi-
nischen Leistungserbringer erforderlich, mithilfe derer die
große Menge an Daten erfasst und verarbeitet werden kann
und die eine z. B. umgehende Reaktion auf Warnmeldungen
in Form kritischer Messwerte erlauben. Darüber hinaus sind
die gesetzlichen Rahmenbedingungen meist unklar, da es
sich bei medizinischen Apps um eine neue Technologie im
frühen Entwicklungsstadium handelt. So erschweren mo-
mentan gesetzliche und berufsrechtliche Bestimmungen,
wie beispielsweise das Fernbehandlungsverbot, teilweise
die Verbreitung. Auch die Röntgenverordnung verbietet
eine Befundung via Tablet-PC oder Smartphone. Nicht zu-
letzt sind beim Einsatz der Apps in Verbindung mit den mo-
bilen Endgeräten auch die entsprechenden Hygieneanfor-
derungen zu berücksichtigen.
Positiv zu vermerken ist, dass die Bandbreite wirklich hilfrei-
cher und medizinisch fundierter Applikationen wächst. Deren
Potenzial für Patienten, Ärzte und Krankenhäuser ist groß. Ihr
Einsatz kann verschiedene Phasen des Versorgungsprozesses
unterstützen und dabei z. B. der Gesundheitsprävention und
-verbesserung, der Optimierung von Praxis- und Klinikabläu-
fen sowie der Patientenkommunikation dienen. Mit einem
direkten Zugriff der Apps auf das Krankenhaus-Informati-
onssystem (KIS) und die Elektronische Patientenakte (ePA)
besteht ein weiteres großes Nutzungspotenzial. Ergänzt um
das entsprechende technische Zubehör können Apps medizi-
nische Geräte teilweise ersetzen und vor allem im Bereich der
häuslichen Therapie und Diagnostik u. a. bei chronisch Kran-
ken zum Einsatz kommen. Voraussetzung für eine flächende-
ckende Anwendung der Apps im medizinischen Bereich sind
allerdings normierte Qualitätssicherheitsverfahren und die
garantierte Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestim-
mungen, eine sichere Authentisierung des berechtigten Nut-
zers sowie eine Aufklärung der Nutzer. Dabei ergeben sich an
die Sicherheit der Gesundheitsapps besondere Anforderun-
gen, da Gesundheitsdaten zu der Gruppe der Daten mit „be-
sonderem Schutzbedarf“ zählen. Sofern personenbezogene
Daten durch die App erhoben oder verarbeitet werden, sind
Einwilligungen der Nutzer in die Weitergabe von Daten zwin-
gend notwendig.
Hoffnung macht eine Initiative des Bundesverbandes Inter-
netmedizin (BIM), der noch im laufenden Jahr eine Zertifizie-
rung in Form eines Qualitätssiegels auf den Weg bringen will.
Dieses soll unter anderem garantieren, dass die Informatio-
nen und Ratschläge der Apps durch Ärzte aufbereitet sind
und somit der medizinische Nutzen im Vordergrund steht.
Auch über geänderte Vertriebswege der Apps könnte eine
verbesserte Kontrolle erfolgen. Marktexperten rechnen da-
mit, dass die klassischen Bezugsquellen von Gesundheitsapps
(wie z. B. der App-Store) künftig von Krankenhäusern, Ärzten,
Apotheken und Gesundheitsinternetseiten abgelöst werden.
Medizinische Leistungsanbieter könnten durch gezielte und
zertifizierte App-Angebote die Qualität ihrer Leistungen, den
Patientenservice sowie die Compliance der Patienten verbes-
sern.
Auch die fehlende Honorierung der Gesundheitsapps erweist
sich momentan als eines der Hindernisse einer umfassenden
Integration der Mini-Programme in die Gesundheitsversor-
gung. Die ersten Gesetzlichen Krankenkassen haben jedoch
bereits die Vorteile von Gesundheitsapps erkannt und bieten
diese ihren Versicherten als Extraleistung im Rahmen von Sat-
zungsleistungen an.
Gesundheitsapps der verschiedenen App-Stores nach Kategorie
30,9%
Fitness
16,6%
Medizinische
informationen
15,5%
Wellness
7,4%
Ernährung
6,6%
Verwaltung des
Gesundheitszustandes
2,6%
Persönliche
Gesundheitsakte
2,1%
Medizinische
Weiterbildung
1,4%
Diagnostik
1,6%
Compliance
1,1%
Erinnerungsfunktionen
0,6%
Ferndiagnose und
Überwachung
13,6%
Andere
Quelle: Research2Guidance (mHealth App Developer Economics 2014, The State of the Art of mHealth App Publishing), 2014 Grafik: REBMANN RESEARCH