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VR

MEDICUS

APOTHEKEN.

Während in den vergangenen Jahren insbesondere die kauf-

männische und unternehmerische Rolle des Apothekers

gefordert war und bei der Optimierung von Umsatz bzw.

Gewinn im Vordergrund stand, versuchen die Standesver-

treter mit ihrem im Sommer 2014 verabschiedeten Leitbild

„Apotheke 2030“ wieder stärker den fachlichen Fokus in den

Vordergrund zu stellen. Zentraler Punkt ist hierbei die Bin-

dung zwischen Patienten und Apotheker, die – ähnlich wie

beim Arzt – dauerhafter gestaltet werden soll. Aus Sicht der

Apotheker bilden unter anderem die fachliche Qualifikation

und die Dichte des Apothekennetzes ideale Voraussetzun-

gen, um eine umfassendere Funktion mit mehr Verantwor-

tung in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung einneh-

men zu können.

Die Bundesapothekenkammer plant daher noch im laufen-

den Jahr 2014 die Erstellung einer Leitlinie Medikationsana-

lyse sowie eine entsprechende Fortbildung mit Zertifizierung

und fordert für diese Leistungen eine zweite Vergütungssäu-

le analog der Gebührenordnung bei den Ärzten. Vorstellbar

seien auch eine vom Arzt unabhängige Verordnung von Fol-

gerezepten (z. B. bei chronisch Kranken) und das Führen re-

gelmäßiger Patientengespräche, um Ärzte zu entlasten und

die koordinierte Medikamentenabgabe zu verbessern. Zu-

dem müsse auch das Pharmaziestudium reformiert werden,

um wichtige praxisrelevante Themen wie Gesprächsführung,

patientengerechte Sprache etc. (besser) zu berücksichtigen.

Während sektorenübergreifende Modelle bzw. die Aus-

weitung der Tätigkeit der Apotheker in der Vergangenheit

Die Apotheker wollen sich nicht länger auf die Abgabe von Arzneimitteln und die damit zusammenhängende

Beratung beschränken, sondern einen weitaus aktiveren und verantwortungsvolleren Part im Gesundheitswesen

übernehmen. Dies zeigt sich in dem anlässlich der ABDA-Mitgliederversammlung verabschiedeten Leitbild

„Apotheke 2030“. Demzufolge sollen die „Medikationsanalyse“ und das „Medikationsmanagement“ künftig

„als adäquat honorierte Dienstleistung“ der Apotheker angeboten werden.

häufig an einer mangelnden Vergütungsregelung schei-

terten, zeigen aktuelle Pilotprojekte, dass es durchaus zu

„Win-win-Situationen“ für die Beteiligten kommen kann:

Seit dem 1. November 2013 läuft ein Vertrag zwischen der

AOK Bayern und dem Bayerischen Apothekerverband, der

eine spezielle Beratung von schwangeren Frauen umfasst.

Zu diesem Zweck klären approbierte Apotheker mit spe-

zieller Qualifikation AOK-versicherte Schwangere gezielt

und umfassend über die Einnahme von Medikamenten und

die damit verbundenen Wirkungen, Nebenwirkungen und

Gegenanzeigen in der Schwangerschaft auf. Hierdurch sol-

len Risiken vermieden und die Therapie optimiert werden.

Ferner erhalten die Schwangeren spezielle Tipps zu einer

gesunden Ernährung und Lebensführung. Der Apotheker

hat die Inhalte des Gesprächs und die Empfehlungen zu do-

kumentieren. Die Schwangeren erhalten von der AOK einen

Beratungsgutschein, der die bereits bestehenden Vorsor-

geangebote ergänzt. Die Apothekenvergütung erfolgt in

Form eines Fixbetrags in Höhe von 33 Euro je Gespräch.

Ein ähnliches Modell, quasi den Einstieg in das Medikations-

management, gibt es seit Mitte 2014 zwischen der TKK und

dem Deutschen Apothekerverband (DAV): Typ-2-Diabeti-

ker können zwei ausführliche Arzneimittelberatungen von

Apothekern in Anspruch nehmen, die von der Versicherung

mit 30 Euro für das erste bzw. 20 Euro für das zweite Ge-

spräch vergütet werden. Angedacht ist, diese Kooperati-

onsvereinbarung später auf andere Indikationen wie Rheu-

ma oder koronare Herzkrankheiten auszuweiten.

In Baden-Württemberg dürfen Apotheker von Ärzten be-

auftragt werden, Medikamente für die Substitutionsthera-

pie an Drogensüchtige abzugeben, und erhalten seit Ende

2013 auch eine Vergütung dafür. Aufgrund des Ärzteman-

gels, vor allem auf dem Land, war es bei der Betreuung der

Suchtkranken zu schnell zu einem Wechsel in die Take-Ho-

me-Therapie gekommen. Da diese im Vergleich zum sog.

Sichtbezug der Medikamente unter fachlicher Aufsicht des

Arztes weitaus weniger erfolgversprechend ist, wurde nun

die Möglichkeit geschaffen, dass Apotheker diese Aufgabe

im Auftrag der Mediziner übernehmen.

Als weiteres richtungsweisendes Pilotprojekt kann die

im Sommer 2014 gestartete, auf fünf Jahre angelegte

Apotheker fordern mehr Kompetenzen