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VR

MEDICUS

PRAXIS.

Doch bei aller Euphorie über das riesige Potenzial dieser neu-

en mobilen Gesundheitsapplikationen, mit denen auf un-

komplizierte Art und Weise große Bevölkerungsteile erreicht

werden können, sollten die damit verbundenen Gefahren

bezüglich der Patienten- sowie Datensicherheit nicht unter-

schätzt werden.

Experten gehen davon aus, dass der Markt für Gesundheits-

apps in den kommenden Jahren weiter stark wachsen wird.

Prognosen zufolge werden bis zum Jahr 2017 weltweit ca.

3,4 Mrd. Menschen ein Smartphone besitzen und rund 50%

davon Gesundheitsapps nutzen. Einer aktuellen Schätzung

des Marktforschungsunternehmens Research2Guidance zu-

folge gibt es momentan bereits 97.000 Gesundheitsapps,

wovon sich rund zwei Drittel an den sogenannten Consu-

mer-Markt und rund ein Drittel an die Heilberufler selbst

richten (vgl. Abbildung). Letztere befassen sich mit Themen,

wie der Verbesserung des Zugriffs auf Patientendaten, der

Durchführung von Patientensprechstunden, der Patienten-

überwachung, der diagnostischen Bildgebung sowie Arznei-

mittelinformationen. In Deutschland nutzt rund die Hälfte

der Bevölkerung bereits Gesundheitsapps – mit steigender

Tendenz.

Die große Mehrheit der Verbraucher ist vom Nutzen der mo-

bilen Applikationen überzeugt. Auch die Mediziner selbst be-

dienen sich zunehmend der praktischen Miniprogramme auf

dem Smartphone oder Tablet. Dabei unterschätzen jedoch

viele die Gefahren und Probleme, die mit den smarten „Hel-

ferlein“ einhergehen (können):

Datensicherheit/Datenschutz

– Apps greifen häufig auf

persönliche Daten und Aktivitäten zu, um möglichst indi-

viduelle Ratschläge und Auswertungen geben zu können.

Dabei gelten jedoch viele Apps datenschutzrechtlich als

nicht sicher. Sensible Daten können leicht ohne das Wissen

des App-Anwenders weitergegeben werden. Einer aktu-

ellen Studie des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informati-

onstechnologie zufolge nutzen beispielsweise 72% der 400

populärsten Apps aus der Rubrik Utilities aus dem App-Sto-

re von Apple mindestens ein „Web-Tracking-Framework“.

Mithilfe dieser Systeme, die kleine Code-Elemente umfassen,

App statt Arzt – wie problematisch sind Gesundheitsapps?

Der täglich wachsende Markt für Health-Apps, teilweise in Kombination mit den sogenannten Wearables, die

(Vital-)Daten des Nutzers direkt an das Smartphone übertragen, hat längst an Übersichtlichkeit verloren. Neben

speziellen Diät-, Fitness- oder Raucherentwöhnungsapps gibt es beispielsweise eigens für Epileptiker ein Senso-

renpflaster, das via Smartphone vor einem bevorstehenden Krampfanfall warnt, oder Anwendungen, mit deren

Hilfe Patienten Bilder von auffälligen Hautpartien direkt an den Dermatologen weiterleiten können.

gelangen ausgewählte Daten und Aktionen an Dritte (sog.

Tracker), die dann z. B. gezielte Werbemaßnahmen einleiten

können. Die App-Entwickler profitieren somit nicht nur von

dem Verkauf der App an sich, sondern auch von dem Ver-

kauf der Daten an Dritte. Einige Apps nutzen Server im Aus-

land für die Auswertung und Speicherung der persönlichen

Daten der Anwender. Hier ist zu beachten, dass die Daten-

schutzrichtlinien des jeweiligen Landes gelten und dass es

bei Missbrauch grundsätzlich schwieriger ist, ausländische

Betreiber zur Verantwortung zu ziehen.

Zweifelhafter Nutzen

– Angesichts der Fülle der Gesund-

heitsapps können sich Verbraucher kaum zurechtfinden und

erhalten weder eine Transparenz über die Zuverlässigkeit

noch den medizinischen Sinn der Apps. In der Tat ist der

medizinische Nutzen vieler Gesundheitsapps fragwürdig.

Zum Teil besteht sogar die Gefahr von Fehlinformationen

(z. B. bei Apps zur eigenen Diagnosefindung). Schlimmsten-

falls wiegen sich die Anwender in falscher Sicherheit und

verzichten beispielsweise auf einen notwendigen Arztbe-

such. Frauenärzte warnen gegenwärtig z. B. vor dem Ein-

satz von Zyklusapps als Verhütungsmethode, die offenbar

insbesondere bei jungen Mädchen sehr beliebt sind und zu

ungewollten Schwangerschaften und Schwangerschaftsab-

brüchen führen können.

Mangelnde (Qualitäts-)Kontrolle und Sicherheit

– Ledig-

lich für jene Apps, die einem direkten medizinischen Zweck

dienen und daher zu den Medizinprodukten zählen, gibt es

ein kontrolliertes Zulassungsverfahren. Der weitaus größte

Teil der Gesundheitsapps fällt jedoch nicht unter die Medi-

zinprodukteregelung. Daher ist ein Großteil der Apps nicht

evidenzbasiert und wissenschaftlich überprüft. Mit der

Überprüfung der Quellen und Inhalte sowie deren Aktua-

lität sind jedoch die meisten Nutzer als medizinische Laien

überfordert. Gegenwärtig gibt es erste Plattformen (wie

z. B. „AppCheck“ oder „HealthOn“), die eine Qualitätsbewer-

tung der Gesundheitsapps vornehmen.

Fehlende Schnittstellen und unklare Rahmenbedingun-

gen

– Die Gesundheitseinrichtungen, wie z. B. Kliniken und

Praxen, stehen vor der Herausforderung, ein geeignetes